Aknenormin ist Isotretionin
Vor über 30 Jahren wurde Isotretionin von Berliner Hautärzten erstmals hergestellt, sie ist ein so genannter Abkömmling eines anderen Retinoids: Vitamin A. Von Vitamin A wusste man, dass es gegen Akne helfen konnte, dies aber nur auf Kosten einer unangenehmen Vitamin A Vergiftung.
In der Hoffnung, durch Veränderungen am Molekül eine Substanz zu erhalten, die bei weniger Nebenwirkungen mehr erwünschte Wirkungen aufweist, synthetisierte man damals eine ganze Reihe von Vitamin-A-Abkömmlingen.
13-trans-Retinsäure (= Tretionin) stellte sich als lokal wirksam gegen Akne heraus, noch heute ist die Substanz (auch Vitamin-A-Säure genannt) ein Standardmittel gegen Mitesser in arzneilichen Cremes.
13-cis-Retinsäure (= Isotretionin) aber konnte man schluckenund bei erträglichen Nebenwirkungen wurde plötzlich die bislang nicht beeinflussbare Maximalform der Akne, die Akne conglobata behandelbar. Die tiefen Eiterpusteln und Abszesse trockneten einfach weg. Helge Schneider hat diese Form sehr treffend: „Aktentaschenakne“ genannt. Ein prominentes Opfer einer solchen Aktentaschenakne war der (2010) Bundesaussenminister Guido Westerwelle, tiefe Narben auf den Wangen!
Wird 13-cis-Retinsäure rechtzeitig gegeben, können Narben verhindert werden, und auch der sonst jahrelange Verlauf jeder Akne wird massiv abgekürzt. Leider wird in Deutschland dieses Medikament auch von Hautärzten relativ zögerlich eingesetzt, zumindest ist die verordnete Packungszahl in England doppelt so hoch wie bei uns.
Woran könnte es liegen?
Nun ja, da ist etwas, was gerade in Deutschland ziemlich problematisch ist: Nimmt eine Schwangere dieses Medikament ein, gibt es Fehlbildungen beim Ungeborenen – Contergan ist bei den Älteren unter uns der Begriff einer Arzneimittel-Katastrophe mit Tausenden von schwer getroffenen Opfern. Aber im Gegensatz zu Contergan ist diese Tatsache ja bereits vor der Anwendung bekannt – und gegen das Kinderkriegen kann man ja auch etwas unternehmen. Also, bei vernünftigem Management ist das kein Problem, was ja auch die große Zahl inzwischen erfolgreich damit behandelter Frauen zeigt.
Seit einigen Jahren weiss man im übrigen, das unser Körper selbst aus dem in der Nahrung vorhandenem Vitamin-A kleinste Mengen 13-cis-Retinsäure herstellt – sie wirkt in den Zellkernen regulierend auf die Ablesung von Genen – damit ist 13-cis-Retinsäure in Wirklichkeit ein Hormon!!
In der Anwendung haben wir viel Erfahrung gesammelt: hatte man früher meist ziemlich maximale Dosierungen gewählt (täglich 1 mg / Kilogramm Körpergewicht), ist heute klar, dass auch geringere Dosen – wenn auch dann länger zu geben – den gleichen Trick tun. Ich lasse mich z.B. von den Schleimhaut-Nebenwirkungen leiten: Die Lippen sollten zwar trocken werden, aber nicht so stark, dass sie sich nicht mehr mit Lippenbalsam beruhigen lassen. Die anderen im Beipackzettel aufgeführten Nebenwirkungen wie Haarausfall, eingewachsene Nägel, Gelenkschmerzen etc. treten dann erst gar nicht auf. Psychische Auffälligkeiten wie Depressionen werden im Beipackzettel ebenfalls erwähnt – die Dermatologen sind sich aber weitgehend einig, dass die Depressionen eher auf die Akne zurückzuführen sind, als auf die Tabletten.
Gelegentlich kommt es zum Anstieg der Leberwerte und der Cholesterin- und Blutfettwerte, dies ist aber vorübergehend und meist tolerabel.
Als ganz wichtigen Effekt hat man bei Isotretionin eine lang anhaltende Wirkung auf die Akne, bei bis zu 85 % der behandelten Patienten ist das Thema Pickel hinterher für immer gegessen.
Eine Gruppe profitiert auf eine ganz besondere Art von diesem Medikament: Die Frauen mit den Dauerpickeln. Meist nach einer aknefreien Pubertät bekommen diese armen Frauen ständig neue Pusteln – bis hin zu den Wechseljahren, ein Albtraum. Hier braucht es nur eine ganz winzige Menge, nämlich 10mg 13-cis-Retinsäure zweimal pro Woche (!!) zwar als Dauertherapie – aber es sind die treuesten und dankbarsten Patientinnen, pickelfrei wohlgemerkt.
Aufgrund der überzeugenden Wirkung bei schweren Akneformen und der fehlenden Langzeitnebenwirkungen behandeln wir immer mehr junge Patienten, bei denen die Standard-Therapie nicht ausreichend anschlägt, relativ frühzeitig mit Isotretionin Tabletten. Die Alternative bei diesen „mittelschweren“ Fällen ist nach den Leitlinien die langfristige Gabe eines Antibiotikums. Hier gibt es andere Nebenwirkungen, insbesondere auf die Darmflora, und üblicherweise hat man nur solange eine Wirkung, wie das Medikament geschluckt wird.
Seit fast einem Jahr nehme ich Isotretinoin Tabletten. Erst täglich, inzwischen nur noch 1 pro Woche und ich bin weder depressiv noch Suizid gefährdet.
Im Gegenteil, ich war nie glücklicher und ausgelichener, schöne Haut macht schönes Auftreten und noch viel schöneres Selbstbewusstsein:)
Statt Depression Euphorie…
Akne macht depressiv – nicht das Isotretinoin!
Hallo,
Ich persönlich hatte meine Bedenken diese Tabletten zu nehmen!
Doch nun ärgere ich mich das ich mein leiden nicht schon viel früher beseitigt habe!
N.Frohnert ja Depressionen können auftreten aber bestimmt nicht von den Tabletten sondern, von der Tatsache ewig mit Pickel rumlaufen zu müssen!
Ich bin so glücklich endlich ohne Akne (<- welch ein hässliches Wort ) vor die Tür gehen zu können und auch meine Fotografin ist glücklich denn die muss nicht mehr retuschieren. 😉
Lieber Arzt, liebe Ärztin
es wäre schön, wenn Sie in Ruhe einen Film ansehen könnten.
https://www.youtube.com/watch?v=PgpYS33kMVc
Es ist ein Film über Menschen im Alter bis 24 mit schwerer Akne und ihren Umgang damit.
Der Film wurde gedreht von einem Regisseur dessen Sohn Roaccutane über einen Zeitraum nahm und dessen psychische Ausgeglichenheit sich ernsthaft während der Behandlung veränderte. Jesse John Jones wurde vermisst gemeldet und es wurde davon ausgegangen, dass er sich suizidiert hat.
Ein sehr renommierter Hautarzt aus Großbritannien sagt klar (ab Minute 37:20), dass es seiner Meinung nach bei schwerwiegender Akne hilft , aber dass er die schwerwiegenden Folgen, schwerer depressiven Störungen, die durch die Einahme auftreten können, ihn bewegen es sehr abzuwägen wem und ob überhaupt es zu verschreiben.
Ich möchte Ihnen nur freundlich näherlegen, diesen Film mal anzusehen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
N.Frohnert